Die Baustelle im Blick - Möglichkeiten der dynamischen Punktwolkenerzeugung


Aufbauend auf der Beitragsreihe „Die Baustelle im Blick - Methoden zur Erstellung von Punktwolken“ greift dieser Artikel nochmals die Punktwolkenerzeugung durch Laserscanning auf, die sich in den letzten Jahren zu einem festen Bestandteil im Bauprozess etabliert hat. Dabei soll eine weitere Form der Aufnahme hochauflösender Punktwolken vorgestellt werden, welche sich besonders für komplexe Indoor-Umgebungen eignet: dynamisches Scannen mit mobilem Mapping.

Handhabung

Während das in Beitrag 1 vorgestellte Laserscansystems Leica RTC360 als statisches Scansystem verstanden wird, wonach der Scanner während der Registrierung der Punktwolle stillstehen muss, kann der BLK2GO handgeführt (d.h. ohne Stativ und Kabel) durch das Bauwerk bewegt werden. Er eignet sich daher besonders gut für die Aufnahme von Innenräumen. Sich bewegende Objekte, wie durch das Sichtfeld laufende Menschen, werden intelligent erkannt und nicht aufgezeichnet.
Während des Scanvorgangs wird die aufgezeichnete Punktwolke sowie der bisher beschrittene Pfad in Echtzeit über eine drahtlose Funkverbindung auf einem mobilen Endgerät angezeigt. Dadurch kann der Vermessungsingenieur jederzeit prüfen, ob er alle Bereiche des Bauwerks ausreichend erfasst hat oder Gebiete nochmal gezielter aufgezeichnet werden müssen.

Technische Funktionsweise

Das hier vorgestellte Gerät nutzt ein LiDAR-Scansystem analog zum RTC360. Der BLK2Go muss darüber hinaus ständig wissen, wo er sich im Raum befindet, um die mobile Nutzung zu ermöglichen. Dazu wird eine Variante des SLAM Algorithmus verwendet, dessen Eingangsdaten die visuelle Aufzeichnung der Umgebung und die registrierte Punktwolke bilden. Zusätzlich erfassen Beschleunigungssensoren (Inertia Measurement Units) die Orientierung des Gerätes. So erkennt der Scanner jederzeit seine relative Bewegung im Raum und kann die simultan aufgezeichnete Punktwolke verorten. Dies ermöglicht dem Nutzer schwer zugängliche Bereiche aufzunehmen oder Objekte von der Ober- und Unterseite zu erfassen.
Die große Bewegungsfreiheit hat aber auch seine Nachteile. Die Aufzeichnung ist mit circa 1cm Ungenauigkeit auf 10m Messentfernung schlechter als bei statischen Systemen und auch die Reichweite von 25m ist geringer als bei vergleichbaren, stationären Systemen. Die Scanrate liegt bei 420.000 Punkten pro Sekunde. Das Gerät ist mit 800g (inklusive Akku) sehr leicht, weshalb es auch über längere Scanvorgänge einfach in der Hand gehalten werden kann.

Praxisbeispiel

In unserem Scan haben wir eine ungefähr 900m ² große Fläche unserer Büroetage an der Ruhr-Universität Bochum aufgezeichnet. Der Vorgang hat rund 15 Minuten gedauert. Zu beachten ist, dass die Auflösung von der Bewegungsgeschwindigkeit abhängt. Es ist jedoch möglich, besondere Gegebenheiten, die zur Nachmodellierung eine höhere Auflösung benötigen, detaillierter aufzunehmen, indem man näher an sie herangeht oder sie langsamer abschreitet.
In unserem Fall sind zwei Scans mit insgesamt knapp über 100 Millionen Punkten entstanden. Die Rohdaten haben eine Größe von circa 2,2GB und werden vom Gerät per USB-Kabel oder WLAN über eine proprietäre Softwarelösung von Leica heruntergeladen. Der Export der Punktwolke erfolgt in alle gängigen Formate, somit ist die anschließende Weiterverarbeitung von Leica-Produkten unabhängig.
Die Bedienbarkeit des Gerätes ist intuitiv, sodass auch Ungeübte schnell Ergebnisse erzielen können. Schwierigkeiten traten bei uns lediglich beim Durchschreiten von Türrahmen auf, da die Kameras für eine kurze Zeit wenig Bezugspunkte aufnehmen können. Werden solche Stellen langsamer durchlaufen, hat das System mehr Zeit, Anhaltspunkte zu identifizieren und es kommt zu weniger Problemen.

Fazit

Aus unseren Erfahrungen heraus können wir sagen, dass mobile Scansysteme sich für eine schnelle und einfache Aufnahme auch komplexer Innenräume oder kleiner Gebäudehüllen bestens eignet. Die Auflösung und Genauigkeit ist gerade für Baufortschrittskontrollen oder Bestandsmodellierungen ausreichend, solange die Messbereiche nicht zu groß werden.
Für große Bauwerke, wie sie beispielsweise im Infrastrukturbau auftreten, sind statische Systeme (wie in Beitrag 1 beschrieben) aufgrund ihrer höheren Genauigkeit und größeren Reichweite empfehlenswert.
Die Auswahl eines passenden Gerätes ist stark von den typischen Anwendungsfällen der kleinen und mittelständischen Unternehmen abhängig. Nicht immer wird das Preis/Leistungsverhältnis vom Nutzer ausgeschöpft. Der BLK2GO wurde an dieser Stelle vorgestellt, da es das einzige System in dieser Größe und mit dieser Funktionsweise ist, welches eine dynamische Punktwolkenerzeugung ermöglicht. Die Weiterentwicklung der technischen Möglichkeiten auf diesem Feld sind vielfältig, mit aktuellen Trends in Richtung Roboter- oder Drohnenaufnahmen. Schon heute wird so der Bauprozess und die Digitalisierung von Bestandsbauten in vielen Bereichen unterstützt.


19.10.2021