Der Praxis-Talk startete am Donnerstag, den 20.01.2022 um 16:30 Uhr mit Rund 60 Teilnehmer und Teilnehmerinnen. In den ersten Minuten erhöhte sich die Zahl der Teilnehmenden auf 79 von 109 eingeladenen Personen. Ein eindeutiges Zeichen für die Bedeutsamkeit des Themas.
Ralf Golinski, der Organisator des Praxis-Talk und Team-Mitglied des Mittelstand 4.0-Kompetenzzentrum Planen und Bauen eröffnete den dritten Praxis-Talk mit einer Vorstellung des Kompetenzzentrums sowie Einführung und Benennung der Bedeutsamkeit des Themas. Im Anschluss übergab er das Wort an die drei Fachreferenten des Nachmittags - Ralf Kiryk, Georg Potthoff und Andreas Kohlhaas.
Sicht der Industrie und Hersteller
Den ersten Impulsvortrag hielt Ralf Kiryk, Abteilungsleiter Bundesverband der deutschen Heizungsindustrie (BDH) mit den Schwerpunkten Normungsstrategie und Marktforschung, aus der Sicht der Industrie, welche der BDH repräsentiert.
Wie geht der BDH das Thema BIM an? Was ist der Beweg-Grund der Industrie? Was muss die Industrie liefern? Mit diesen drei Fragestellungen leitete Ralf Kiryk seinen Impuls ein.
Laut Ralf Kiryk benötigt die Industrie Kenntnisse, wann die jeweiligen Anwender von BIM welche Daten benötigen. Nicht nur die Daten für BIM-Modelle, sondern allgemein die CAD-Daten für die Anwendungen, Berechnungen, Energieberatung und Förderungen. Er sprach die Planung eines Gebäudepass in diesem Zusammenhang an.
Ralf Kiryk teilte den Ansatz „Weg der Standardisierung gehen“ mit den Teilnehmenden des 3. Praxis-Talk. Nachmodellierungen müssen vermieden werden.
Die Standardisierung ermöglicht den jeweiligen Anwendern, über entsprechende Schnittstellen auf Daten zugreifen sowie Daten aktuell zu halten. Die Aktualität der Daten sowie die Nutzbarkeit dieser für alle Beteiligten an einem Bauvorhaben, über den gesamten Lebenszyklus (Planung bis Rückbau), sind von hoher Bedeutsamkeit.
Derzeit werden für jede Phase einzelne Software-Programme verwendet, welche eine nach Modellierungen notwendig machen. Der gesamte Prozess muss standardisiert werden, um einen geschlossenen Lebenszyklus zu erhalten. Eine einheitliche Sprache für Daten und Datenbanken ist hierfür notwendig, damit die Beteiligten im BIM-Modell sprechen sowie in den verschiedenen Anwendungsfällen miteinander agieren können.
Zum Abschluss des Impulses verwies Ralf Kiryk auf BIMeta. BIMeta ist eine gemeinsame Initiative verschiedener Verbände zur Strukturierung digitaler Daten in BIM-Projekten.
Sicht der Bauherren und Fachplaner sowie ein nationaler und internationaler Vergleich
Georg Potthoff, Geschäftsführender Gesellschafter des Ingenieurbüro Potthoff GmbH, ist beratender Ingenieur und überwiegend für Baumaßnahmen der öffentlichen Hand im Kranken- und Gesundheitswesen tätig. Er teilte in seinem Impuls die Sicht der Bauherren und Fachplaner zum Thema „TGA Produktdaten in BIM-Modellen“ mit.
Der Impuls startete mit einem internationalen Vergleich der Anwendung der BIM-Methode. Großbritannien ist derzeit führend in der Arbeit mit der BIM-Methode und ein paar weitere Länder sind ebenfalls weiter mit der Nutzung als Deutschland.
BIM kann, mit den richtigen Werkzeugen, eine Vielzahl an Vorteile bieten:
- Effizienzsteigerung
- Datenverwaltung
- Koordination
- Behebung von Konflikten
Diese Vorteile können Geld und Ressourcen in der Planung einsparen. Dafür müssen sich laut Georg Potthoff die Definitionen der Schnittschnellen verändern sowie weitere Themen beachtet werden. Er Verwies mit Blick auf das Urheberrecht auf die Veröffentlichung „BIM und Recht“.
Zum internationalen Vergleich beantwortete Georg Potthoff eine Frage der Teilnehmenden, ob die Aufstellung der BIM-Arbeitsweise im Ausland ebenfalls so kleinteilig ist wie in Deutschland. Laut Potthoff gibt es ausreichend Übereinstimmungen in der BIM-Arbeitsweise. Als einen Unterschied benannte er, dass in anderen Ländern der Bauherr die Steuerung sehr früh an ein Generalunternehmen abgibt, der die Daten und Beteiligten zusammenholt.
Nach dem internationalen Vergleich griff er den Impuls seines Vorredners Ralf Kiryk auf. Was will der Bauherr mit einem Bauwerk erreichen? Es sollte aus seiner Sicht eine Diskussion über eine „Leistungsphase 0“ geben. Angefangen bei den aus den BIM-Zielen resultierten AIA (Auftraggeber Informationsanforderungen) und deren Bedeutsamkeit in der Betriebsphase. Es fehle die Aufklärung, da keine „Leistungsphase 0“ existiert.
Die Bedarfsplanung der Bauherren benötigt Grundlagen. BIM sollte von Anfang an als Kommunikations-Tool genutzt werden. Jedoch wird oftmals erst mit der Leistungsphase 2 oder 3 damit begonnen und die Anfangsschritte kommen irgendwann dazu.
Georg Potthoff äußerte in seinem Impuls offene Fragen und Anregungen, wie beispielsweise „Wer könnte bei uns in Deutschland so einen Prozess beschreiten?“, als es darum ging alle am Bau Beteiligten von Anfang an zur Zusammenarbeit in einem BIM-Modell zu bringen. Es ist ein Förderungs- und Aufklärungsthema laut Georg Potthoff, damit auch KMU mithalten können.
Die Cloud-Lösung ist ein praktischer und richtiger Ansatz. Jedoch müssen dabei Themen wie: Schnittstellen der Systeme, Schutz vor Cyber-Kriminalität, Wer ist Eigentümer der Daten?, Zugriffsrechte und (Benutzer-)Rollen uvm. bedacht werden.
Seinen Impuls beendete Georg Potthoff mit einem Appell an die Zuhörer und Zuhörerinnen: „BIM muss ein Kommunikationsmodell für alle sein!“
Sicht eines BIM-Managers
Andreas Kohlhaas, Head of Consulting der GSP Network GmbH präsentierte beim 3. Praxis-Talk die Sicht eines erfahrenen BIM-Managers.
Im Impuls führte Andreas Kohlhaas drei Thesen auf, um den BIM Nutzen für Bauherren aufzuzeigen.
- Blickwinkel für die BIM-Anwendung der Unternehmen
Aktuell werden die Prozesse nicht global betrachtet, d. h. es werden nicht alle relevanten Fragen an ein Bauwerk in der Planung und Umsetzung gestellt. Es wird oftmals nicht in Betracht gezogen, was vor oder nach dem Bau von Bedeutung ist. Der Blick über den Tellerrand fehle. Er verwies wie sein Vorredner, Georg Potthoff, auf den späten Einstieg mit der BIM-Methode in der Leistungsphase 2 oder 3.
- TGA BIM-, CAD-Autorensysteme
Als zweiten Punkt führte Andreas Kohlhaas das Problem der Datenübertragung auf. Viele verschiedene Systeme bzw. Programme werden für unterschiedliche Funktionen eingesetzt. Zu viele Software-Lösungen mit eigenen Spezifikationen sind in Nutzung, die jetzt IFC austauschen sollen, welche keine einheitlichen Datenformate bzw. Kataloge besitzen. Das Lösungsansatz mit Potenzial für einen einheitlichen Standard führte er die VDI 3805 / EN ISO 16757 „Produktdatenblätter mit Geometrie und standardisierten Sachmerkmalen“ auf.
- Ausschreibung D/A/CH Hersteller unabhängig
Die Planer in der TGA müssen mit realen Bauteilen arbeiten, d. h. mit realen Produkten rechnen und für Ausschreibung die Daten neutralisieren. Für die Neutralisation gibt es verschiedene Methoden:
- z.B. durch die Verwendung von Mock-Ups
- Herstellerspezifische Daten verwenden und diese mit IFC mappen
- Neutrale Baukörper mit den realen Daten verwenden, ohne die Hersteller-Informationen zu hinterlegen (LV-Container)
Diskussion mit den Teilnehmenden
Die Anzahl der Zuhörer flachte nach 60 Minuten leicht ab – 45 Teilnehmer blieben aber noch bis 18 Uhr.
Ralf Golinski moderierte die Diskussion und griff die Fragen der Zuhörer auf. Diese teilten Ihre Fragen via Chat an die anderen Teilnehmenden und Referenten.
Es wurden Fragen direkt an Referenten gestellt sowie allgemein formulierte Fragen.
So behandelte die erste aufgegriffene Frage das Thema „Universal Types“. Georg Potthoff gab an, lange nichts mehr zu „Universal Types“ gehört und bis heute nichts von gesehen zu haben. Es gäbe viele Ansätze, jedoch müssen die Datenbanken gepflegt werden und benötigen den Input der Hersteller. Ralf Kiryk ergänzte daraufhin nochmals die Bedeutsamkeit der Standardisierung und Andreas Kohlhaas teilte mit, dass diese Produkt-Daten beginnend bei der Planung bis ins Facility Management nutzbar sein müssen.
Zum Ende des 3. Praxis-Talks wurde die VDI 6026 sowie BIMeta nochmals Thematisiert. Standards müssen verschiedene Blickwinkel und Bereiche betrachten. In einer einheitlichen Sprache. Sie müssen die Vorteile und Mehrwerte für die einzelnen Akteure am Bau sichtbar machen.
Beendet wurde der Praxis-Talk: „TGA Produktdaten in BIM-Modellen“ mit einem Fazit zu „Wo stehen wir?“ der drei Fachreferenten
Ralf Kiryk: „Es ist noch einiges zu tun. Es gab schon einige Lichtblicke. Wir sind auf einem guten Weg. Wir sind offen mit allen zu reden. Die Vorzeigeprojekte mit gelebter gemeinschaftlicher Kultur müssen wir hervorheben.“
Andreas Kohlhaas: „Mit einem Blick in die Zukunft und was uns noch fehlt. Bauherren sollten selbstkritisch ihre Bauwerke betrachten. Was ist gut gelaufen und was muss verbessert werden? Geförderte Pilotprojekte für einen Proof on Concept, um eingespielte Praxis-Erfahrung aufzeigen zu können sind wünschenswert.“
Georg Potthoff: „Planer werden konsequent weiter BIM nutzen, um Kosten sowie Fehler zu minimieren sowie die Kommunikation- und Dialog-Fähigkeit zu verbessern. Die Dialog-Fähigkeit muss strukturiert angegangen werden und auch aus anderen Blickwinkeln (von bereichsfremden Fachexperten) betrachtet werden.“ Er ließ den Wunsch nach Arbeitskreisen aus der Rechtsprechung verlauten, weil nur die technische Seite die Herausforderung nicht lösen kann. Teambuilding!
Die Präsentationen der drei Referenten finden Sie unter dem Beitrag als PDF-Dokument zum Download.
Freuen Sie sich auf unsere nächsten Praxis-Talks!
4. Praxis-Talk zu "Standardisierung Bausoftware und BIM-Cloud" mit dem DIN und BVBS
Philip Albrecht, Leiter Geschäftsfeldentwicklung Building Information Management bei DIN;, Ines Prokop, Geschäftsführerin BVBS und Gerald Faschingbauer, Geschäftsführer Dr. Schiller & Partner, werden am Donnerstag, den 17.02.2022 ab 16:30 Uhr sprechen.
5. Praxis-Talk zu „BIM und Nachwuchs“.
6. Praxis-Talk zu "BIM und Sustainability".
Am dritten oder vierten Donnerstag im Monat von 16:30 Uhr bis 17:15 Uhr finden auch zukünftig Praxis-Talks zu unterschiedlichen Digitalisierungsthemen statt. Vor welcher Herausforderung stehen Sie? Vielleicht ist der Praxis-Talk der richtige Ort, um mit Gleichgesinnten in den Erfahrungsaustausch zu gelangen und gemeinsam der Lösungsfindung näher zu kommen. Sprechen Sie uns gerne an!
28.01.2022