Während bisher Stein auf Stein gebaut wird und Bauelemente oft aufwendig in Gießformen hergestellt werden mussten, eröffnet der computergesteuerte 3D-Druck schnellere und äußerst exakte Wege, um komplexe Strukturen zu realisieren. Von Software mit Informationen über die gewünschten Dimensionen versorgt, setzen die 3D-Drucker verschiedene Materialien zu kompletten Bauteilen, Decken und Wänden und ganzen Häusern zusammen. Dies geschieht entweder durch Vorfertigung in der Fabrik oder direkt auf der Baustelle, wo Druckroboter das gewünschte Material an Ort und Stelle platzieren. Gespeist werden die außergewöhnlichen Drucker häufig mit flüssigen Metallen, aber auch mit Kunststoffen, Sand, Keramik und Beton.
Drucken mit Beton, Hydrogel und Sand
So steht beispielsweise in Dubai ein Pavillon, der nur aus recycelten Flaschen produziert wurde. Die Gästebungalows eines Luxus-Resorts in Mosambik wurden mit Sand und Meerwasser gedruckt. Studenten der chinesischen Tongji Universität in Shanghai verwendeten gewickeltes Metall-Filament für den 3D-Print einer Brücke und an der Universität Cambridge haben Forscher Korallen aus Polymeren und Hydrogelen per Druck in die gewünschten Formen gespritzt. Der italienische Architekt Mario Cucinella hat aus Lehm ein Zwei-Raum-Wohngebäude produziert. Und für das Projekt „Smart Slab“ hat die ETH Zürich aus Beton eine 78 Quadratmeter große Decke produziert, die software-optimiert 70 Prozent leichter ist und zudem 60 Prozent weniger Material verbraucht als eine konventionelle Stahlbetondecke.
Gedruckter Pionier: Einfamilienhaus in Beckum
Erste Wohngebäude sind ebenfalls entstanden, so im mexikanischen Tabasco, im niederländischen Eindhoven und in der deutschen Stadt Beckum. Hier hat die Mense-Korte GbR Ingenieure + Architekten im vergangenen Jahr zusammen mit den Herstellern PERI, HeidelbergCement und Hous3D-Druck binnen acht Monaten ein 160 Quadratmeter großes Wohnhaus realisiert. Dazu spritzte der BOD2, der verwendete 3D-Drucker, die Wände des Gebäudes Schicht für Schicht auf die vorhandene Bodenplatte. Geschossdecken und Dach wurden als separate Bauteile produziert. Der Ausbau wurde nicht gedruckt.
Vorteile des 3D-Drucks: sparen…
Da die 3D-Drucktechnik bisher nicht in der Breite angekommen ist, kosten die aktuellen Pilotprojekte in der Regel noch 10 bis 15 Prozent mehr als etablierte Bauweisen. Für die Zukunft prognostizieren die „Pioniere“ dieser Fertigungsmethode jedoch identische und binnen fünf Jahren sogar geringere Kosten als im Standardbau üblich. Die Gründe dafür leuchten ein: Durch den Druck lässt sich der Materialeinsatz gezielt optimieren und der Baustellen- sowie Produktionsabfall auf nahezu Null reduzieren. Möglich ist das, da nur bestellt und verarbeitet wird, was für den jeweiligen Einsatz wirklich benötigt wird.
… und optimieren
Die automatisierten und optimierten Bauabläufe reduzieren zudem den Koordinationsaufwand und erleichtern in Zeiten des Arbeitskräftemangels die Fertigung. So kann ein 3D-Drucker 24 Stunden am Tag und sieben Tage die Woche laufen, sodass Projekte schneller abgeschlossen sind und damit Zeit und Kosten gespart werden. Voraussetzung dafür ist eine intensive 3D-Planung, die den Drucker dirigiert. Per 3D-Druck lassen sich darüber hinaus neue Formen und ungewöhnliche Designs gestalten – auch Formgebungen, die derzeit nicht bzw. nur mit hohem Aufwand erstellt werden können.
Abschnittsweise drucken
Unabhängig von der gewünschten Form arbeiten die Drucker in der Regel eingeschossig. Keller werden im Bedarfsfall als Fertigteile angeliefert, sodass die eigentliche Druck-Arbeit ab der Oberkante der Bodenplatte beginnt und damit ein Stockwerk umfasst. Sind mehrere Stockwerke geplant, wird in mehreren Abschnitten gedruckt und die Decke zwischen den Geschossen als Fertigbetonteil eingebracht.
… für eine außergewöhnliche oder unauffällige Optik
Bei der Optik der so erstellten Projekte haben die Auftraggeberinnen und Auftraggeber die Wahl: Beim 3D-Druck mit nur einer Druckachse, dreht sich der Druckkopf kreisförmig um diese Achse herum. So entstehen entweder gerade oder rund von der Achse weglaufende Formen. Das Endergebnis weist runde Wände oder zumindest abgerundete Ecken auf. Wird der Druckkopf hingegen an zwei Achsen befestigt, lassen sich alle Wandverläufe realisieren und damit ebenso Ergebnisse erzielen, die sich nicht von Standardbauten unterscheiden – die dabei jedoch bald günstiger und materialsparender ausgeführt werden können, als es bisher möglich ist.
12.07.2022