Das Umsetzungsprojekt unterstützt die Entwicklung und Umsetzung einer unternehmensweiten Digitalisierungsstrategie für ein mittelständisches Bauunternehmen, das seit 1948 für Industrie, Handel, Gewerbe und die öffentliche Hand tätig ist und in der Regel als Generalunternehmer am Markt agiert. Zu den angestrebten Zielen zählen unter anderem die Digitalisierung von Planungsunterlagen und deren Nutzung über mobile Endgeräte auf der Baustelle.
Kurzbeschreibung
Ziel des Umsetzungsprojektes ist es, möglichst viele analoge und papiergebundene Prozesse zu digitalisieren und effizientere Prozesse zu etablieren. Als erster Schritt sollen Pläne digitalisiert und via Smartphone und Tablet auf der Baustelle verfügbar sein. Praxispartner ist die Firma KLEUSBERG, ein 1948 gegründetes mittelständisches Bauunternehmen, das vor allem auf das modulare Bauen spezialisiert ist. In der Region Kabelsketal (zwischen Halle und Leipzig) hat die KLEUSBERG Anfang der 1990er Jahre bestehende Produktionsstätten umstrukturiert und erweitert sowie kürzlich ein neues, zweites Werk errichtet. Bei der Konzeptplanung hat sich KLEUSBERG Unterstützung beim Fraunhofer IFF geholt. Nach der Gründung des Mittelstand 4.0-Kompetenzzentrums Planen und Bauen war es naheliegend, sich auch bei der Einführung der BIM-Methode, als Teil einer unternehmensweiten Digitalisierungsstrategie, unterstützen zu lassen. Ziel für das dann gestartete gemeinsame Umsetzungsprojekt sollte die Digitalisierung auf der Baustelle sein.
Generelle Zielsetzung
Neben einer effizienteren Abwicklung von Bauprojekten soll durch die Einführung und Umsetzung digitaler Methoden und Techniken die Transparenz innerhalb der Arbeitsgruppen, ein schnellerer Informationsfluss und eine bessere Verknüpfung der Informationen erzielt werden. Außerdem erhofft sich das Unternehmen, es ist die Firma KLEUSBERG, sowohl für Auftraggeber wie auch im Wettbewerb um gute Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter attraktiver zu werden.
Projektstart
Im Rahmen eines ersten Workshops wurden die Erwartungen abgefragt, die Zielstellung präzisiert und die Ist-Situation beleuchtet. Die Erwartungen an die Digitalisierung sind hoch. Man verspricht sich im Allgemeinen Vereinfachung, Papierlosigkeit, Transparenz und natürlich, dass alles schneller und besser wird. Im speziellen bedeutet Digitalisierung für das Unternehmen mehr Transparenz in der Gruppe, einen besseren Informationsfluss zu und zwischen den Akteuren und die die Chance, Informationen gut zu verknüpfen. Auch erwartet man sich eine Steigerung der Attraktivität als Arbeit- und Auftraggeber, aber möglicherweise auch mehr Kontrolle. Für die Arbeit auf der Baustelle wird ein höherer Einsatz von Smartphones und Tablets erwartet, im besten Fall eine Automation der Dokumentation. Klar ist, dass digitale Werkzeuge die Arbeit unterstützen sollen, nicht aber das Denken ersetzen.
Die Firma KLEUSBERG beschäftigt sich bereits seit längerem mit der Einführung der BIM-Methode. Die Pläne werden mit einer im Markt weit verbreiteten Planungssoftware erstellt und sollen in Zukunft auch auf der Baustelle digital verfügbar sein. Neben der Datensicherheit ist vor allem wichtig, dass Subunternehmer auf die Pläne Zugriff haben und die KLEUSBERG-Bauleiter sicherstellen können, dass jeder relevante Partner den aktuellen Plan einsehen kann und sich diesen, sofern nötig, auch geplottet auf die Baustelle liefern lassen kann. Von diesen Überlegungen ausgehend kommen schnell weitere Wünsche hinzu, wie beispielsweise ein digitales Mängelmanagement oder ein digitales Bautagebuch. Im Rahmen des Umsetzungsprojekts wurde jedoch bewusst auf das Planmanagement fokussiert. Dafür wurden Anforderungen zusammengetragen und durch die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter von KLEUSBERG priorisiert.
Bewertung und Auswahl der Software für die Testphase
Im ersten Schritt wurde durch das Mittelstand 4.0-Kompetenzzentrum Planen und Bauen eine Recherche durchgeführt, die entsprechend der Aufgabenstellung mögliche Software-Anbieter ausfindig machte. Anschließend wurde über die im Internet zur Verfügung stehenden Informationen der Software-Anbieter grob geprüft, welche Tools die geforderten Anforderungen erfüllen. So wurde eine Liste von zunächst 19 Softwaretools auf zwölf eingeschränkt. Diese zwölf Anbieter wurden direkt kontaktiert und gebeten, ihre Leistungen bzw. die Möglichkeiten ihrer Planmanagementsoftware bzgl. des von der Firma KLEUSBERG erarbeiteten Anforderungskataloges einzuordnen. Die wichtigsten zu erfüllenden Anforderungskriterien hierbei waren:
- Datenschutz
Die Daten liegen serverbasiert auf einem physischen Speicher der Firma KLEUSBERG. - Zugriff auf Pläne (browserbasiert / App)
Projektbeteiligte erhalten einen einfachen Zugriff auf die Pläne. Dazu sollte eine browser- bzw. App-basierte Lösung zum Einsatz kommen. - Push- oder Email-Mitteilung
Die Projektbeteiligten erhalten optional eine Nachricht, wenn sich ein Planstand ändert und neue Pläne hochgeladen wurden. - BIM-Kompatibilität
Die gewählte Lösung ist mit BIM-Standards kompatibel. - Unternehmensübergreifend
Neben den Plänen von KLEUSBERG können auch Pläne der Nachunternehmer auf die Plattform geladen werden. - Berechtigungskonzept
Es muss zwischen verschiedenen Berechtigungsstufen unterschieden werden. Ein Administrator (inhouse) hat die volle Funktionsgewalt. Andere (externe) Nutzergruppen können Inhalte nur herunterladen und anschauen. Jeder Benutzer muss angelegt werden. Pläne stehen nicht öffentlich zur Verfügung. - Protokollierung
Es wird protokolliert, wer welche Dateien (und Versionen) zu welchem Zeitpunkt gelesen und geschrieben hat. So kann nachgewiesen werden, über welchen Planstand die Projektbeteiligten informiert waren. - Versionierung
Die abgelegten Dateien müssen in Versionen gespeichert werden können, sodass nachvollzogen werden kann, wann welche Version zur Verfügung stand.
Nach Auswertung und Bewertung der Leistungsangebote der einzelnen Anbieter wurden sieben Anbieter ausgewählt, die ihre Software online präsentieren sollten. Verteilt auf zwei Tage stellten die Anbieter ihre Software in einer etwa einstündigen Präsentation vor. Somit war es KLEUSBERG und dem Mittelstand 4.0-Kompetenzzentrum Planen und Bauen möglich, sich von der Erfüllung der Anforderungen selbst ein Bild zu machen. Bei einigen Anbietern wurde während der Präsentation auch ein Testzugang ermöglicht, um so noch einen besseren Eindruck von der Bedienbarkeit und der Struktur des jeweiligen Tools zu erlangen. In den meisten Fällen lässt sich die Software individuell für den jeweiligen Kunden oder Anwendungsfall anpassen, wofür die Anbieter i.d.R. einen Workshop mit dem Unternehmen durchführen.
Das Datenschutz-Kriterium hat sich im Laufe der Recherche vom Ausschluss- zum Kann-Kriterium abgemildert, sodass der Zwang zur Speicherung der Daten im eigenen Unternehmen aufgehoben wurde. Die meisten Anbieter hätten diesen bei Bedarf mit zusätzlichem Aufwand aber erfüllen können. Wichtig aus Datenschutzgründen ist, darauf zu achten, dass sich die Rechenzentren, in denen die Datensicherung und -verarbeitung erfolgen, in der EU befinden.
Die Möglichkeit, mobil auf Daten zugreifen zu können, ist für den Baustelleneinsatz essentiell. App-basiert heißt in diesem Fall, dass es eine Anwendung für ein mobiles Endgerät gibt. Browser-basiert bedeutet, dass über einen Internetzugang über einen beliebigen Browser (unabhängig vom Betriebssystem) auf die Daten zugegriffen werden kann. Letzteres Kriterium konnten alle Anbieter erfüllen.
Das Versenden von E-Mails als ereignisabhängige Push-Nachricht ist eine häufig zur Verfügung gestellte Funktion. In der Regel werden über die Nutzerverwaltung Rollen und Rechte zugeteilt. Abhängig von dieser Zuordnung wird beispielsweise an alle Heizungs- und Sanitärgewerke eine E-Mail versendet, wenn sich an dem Plan für die Badausstattung etwas geändert hat.
Die BIM-Lompatibilität zu fordern, war ein Versuch. Der Begriff ist jedoch nicht eindeutig belegt. Hier sollte sichergestellt werden, dass es im besten Fall eine direkte Schnittstelle zum CAD-System gibt. Doch durch die Einführung eines zentralen Dokumentenmanagements, in welches auch das CAD-System hineinarbeitet, konnte dieses Kriterium abgemildert werden. D.h. hier wurde hinterfragt, ob ein Viewer für IFC-Modelle oder andere Datenformate angeboten wird.
Da die Software vor allem dafür genutzt werden soll, die Kommunikation mit Nachunternehmern zu vereinfachen, ist es wichtig, dass auch weitere Akteure außer KLEUSBERG Zugriff auf das System erhalten. Dazu gehört ein geeignetes Berechtigungskonzept. Einige Anbieter behalten die Verwaltung des Berechtigungskonzepts in ihrer Hand, sodass der Nutzer die Rechte nicht selbst setzen muss, sondern einfach per Mail oder Anruf den Softwareanbieter informiert. Auf Wunsch kann das aber auch vom eigenen Unternehmen übernommen werden. Dazu sind i.d.R. Schulungen nötig.
Viele Tools haben die Möglichkeit, anzuzeigen, wer wann auf welche Pläne zugegriffen hat. So wird protokolliert, welcher Baubeteiligte die aktuell verfügbaren Pläne eingesehen hat. Wird eine neue Version eines Plans hochgeladen, bleiben ältere Versionen erhalten. Die Versionsnummerierung sollte automatisch vorgenommen werden. Liegt die neue Version auf dem Server, werden die entsprechenden Akteure benachrichtigt.
siehe hier Abbildung 1: Eingrenzung der Softwareanbieter
Basierend auf den Erkenntnissen der Softwarepräsentationen wurden zwei Anbieter ausgewählt, mit denen man in eine praktische Testphase zu einem konkreten Bauprojekt gehen wollte. Zuvor waren dazu bereits zwei Bauprojekte bestimmt worden, bei denen jeweils eine der beiden Softwarelösungen getestet werden sollte.
Um eine möglichst realitätsnahe Testsituation zu schaffen, hatten neben den internen Baubeteiligten der Firma KLEUSBERG (Projektleiter, Bauleiter, Technisches Büro, …) auch die firmenexternen Baubeteiligten (Bauherr, Fachplaner, Nachunternehmer, …) Zugriff auf die Testumgebung der jeweiligen Planmanagementsoftware erhalten. Dies war, wie bereits erwähnt, entweder browser-basiert oder mittels einer App für Mobilgeräte möglich.
Für den mobilen Einsatz der Software direkt auf der Baustelle wurden die zuständigen Bau- und Projektleiter der Firma KLEUSBERG außerdem mit einem Tablet ausgestattet. Neben dem Test der Planmanagementsoftware waren die Bau- und Projektleiter auf diese Weise auch in der Lage gleichzeitig weitere Möglichkeiten der Digitalisierung von Aufgaben, die auf der Baustelle auftreten, testen zu können (z.B. Fotodokumentation, Skizzen anfertigen, Protokolle schreiben).
Fragebogen vor der Testphase
Für die Begleitung und Unterstützung des Projektes wurde durch das Mittelstand 4.0-Kompetenzzentrum Planen und Bauen ein kurzer Fragenbogen entwickelt, den die Bau- und Projektleiter vor Beginn der Testphase auszufüllen hatten. Hiermit sollte der Zustand zum Thema „Zugriff auf Pläne“ und die Aufgaben rund um die Baustellenbetreuung vor dem (Test-)Einsatz der Software ermittelt werden. Nachfolgend sind einige Fragen und entsprechende Antworten exemplarisch aufgeführt.
Abbildungen 2 bis 6: Fragebogen 1 – Fragebogen 2 – Fragebogen 3 – Fragebogen 4 – Fragebogen 5
Baustellenbesuch und Workshop mit den Planungs- und Baubeteiligten während der Testphase
Um sich ein Bild vom praktischen Einsatz der Planmanagementsoftware auf der Baustelle zu machen und direktes Feedback der Anwender auf Seiten KLEUSBERG sowie vom Bauherrn und Nachunternehmern einzuholen, besuchten die Projektbetreuer vom Mittelstand 4.0-Kompetenzzentrum die Baustelle. Der Besuch ermöglichte die Beobachtung des Einsatzes der Software in der Praxis, die Diskussion mit den Bau- und Projektleitern und die Teilnahme am wöchentlichen Bauherren- bzw. Nachunternehmer-Jour fixe.
Abbildung 7: Mobiler Einsatz der Planmanagementsoftware auf der Baustelle
Direkt im Anschluss an die beiden Jour fixe-Termine wurde je ein Workshop mit Vertretern des Bauherrn (in diesem Fall die Bauverwaltung der Stadt und der Architekt) und Vertretern der zu diesem Zeitpunkt auf der Baustelle tätigen Nachunternehmer durchgeführt. Die Beteiligten wurden gebeten, jeder für sich, die nachstehenden Fragen zu beantworten. Nachfolgend sehen Sie die Fragen und die Antworten der Beteiligten:
Was sind Ihre Herausforderungen/Anforderungen bzgl. Informationsbedarf (z.B. Zugang zu Plänen oder anderen Informationen)?
- (schneller) Zugang zu (aktuellen) Planunterlagen und Informationen
- immer die aktuelle Planung auf der Baustelle
- alle auf dem gleichen Planungsstand halten
- Nachweisbarkeit des Erhalts von Plänen und Unterlagen
Was erwarten Sie von einem Plan-/Informationsaustauschtool?
- schnelle und intuitive Bedienung, übersichtliche Ordnerstrukturen und Gliederungen
- einfache Übersicht über Änderungen
- Zugriff auf alle Pläne (inkl. Detailplanung)
- Zugang auch über Smartphone (Mobiltelefon der Monteure)
- Zusatzfunktionen für Monteure vor Ort (z.B. Bautagebuch führen)
Wofür nutzen Sie das Tool?
- Informationen zum aktuellen Baufortschritt einholen (Zugriff auf abgelegte Protokolle)
- Abgleich von Soll (Planung) und Ist (Umsetzung auf der Baustelle)
- Massenermittlung für Leistungsverzeichnis und Prüfen von Details
Wo und über welchen Zugang (App- oder Browserversion) nutzen Sie das Tool?
- Büro (Browserversion)
- Baustelle/Büro/Besprechung/zu Hause (App)
- Baustelle und unterwegs (App- und Browserversion)
Warum nutzen Sie das Tool nicht?
- noch keine Zeit gehabt, sich das Tool anzuschauen
- keine Einweisung bekommen, Benutzeroberfläche unübersichtlich
Die Antworten zeigen, dass es neben einer einfachen Bedienung eines Tools darauf ankommt, dass über das Tool alle aktuellen Pläne abrufbar sind. Die Nutzer wünschen sich auf aktualisierte Informationen hingewiesen bzw. benachrichtigt zu werden. Gerade für die Anwendung auf der Baustelle ist es wichtig, eine App-Version nutzen zu können, die auch über ein Smartphone bedienbar ist. Auf der Baustelle wollen die Handwerker und Monteure nicht mit einem zusätzlichen Tablet arbeiten, sondern das eigene Smartphone verwenden. Um ein neues Tool effektiv nutzen zu können, wollen die Nutzer abgeholt und eingewiesen werden. Die wenigsten Handwerker haben Zeit und Lust, sich neben dem Tagesgeschäft in Eigeninitiative mit der Erlernung eines oder wohlmöglich mehrerer Tools zu beschäftigen. Ein Tool sollte intuitiv bedienbar und zum Vorteil des Handwerkers eingesetzt werden.
Eine anschließende offene Diskussionsrunde rund um das Thema Digitalisierung auf der Baustelle ergab folgendes Feedback:
- Tools sollten nicht nur auf der Baustelle unterstützen, sondern auch andere Beteiligte an anderen Orten (z.B. Zeichner).
- Ein Tool macht nur Sinn, wenn es schon in der Planungsphase zum Einsatz kommt. Auf der Baustelle werden auch weiterhin Papierpläne vorhanden sein (siehe Abbildung 8).
- Gerade bei Tools, die vom Auftraggeber gefordert werden, sind vorab Einführungen und Einweisungen zum Umgang und der erwarteten Nutzung, z.B. im Hinblick auf einzuhaltende Standards wichtig.
- Als Betreiber des Tools (Auftraggeber) wird es leichter sein, die Firmen von der Nutzung des Tools zu überzeugen, mit denen man häufiger zusammenarbeitet.
- Nachunternehmer wünschen sich Tools/Funktionen, die ihnen den Baustellenalltag erleichtern (z.B. einfache Erstellung des Bautagebuchs sowie Fotodokumentation und Übermittlung an den Bauherren, Möglichkeit von handschriftlichen Änderungen in Plänen).
- Die Bereitschaft zur Nutzung eines Tools bzw. die Einsatznotwendigkeit hängt von der Projektgröße und -komplexität ab. Bei kleinen Projekten reicht oftmals der Blick auf den (Papier-)Plan aus und Bauleiter und Monteure wissen Bescheid.
- Die technische Ausstattung (Mobilgeräte) der Beteiligten ist wichtig. Nicht jeder Bauleiter/Projektleiter bekommt von seiner Firma ein Mobilgerät gestellt.
Neben der angesprochenen Einweisung der Nutzer in das Tool, sollte das Tool einen direkten Nutzen und Einspareffekte erzielen. Ein Weg dahin könnte die Berücksichtigung des Tools in der Planungsphase sein und nicht nur in der Bauphase wie bisher.
Abbildung 8: Für die Handwerker auf der Baustelle kommen auch weiterhin ausgedruckte Pläne zum Einsatz
Nach der Testphase
Nach dem Ende der Testphase wurde ein weiterer Fragebogen an die Nutzer des Tools ausgegeben. Diesmal beantworteten zusätzlich zu den Projekt- und Bauleitern, die bereits vor der Testphase befragt wurden, auch Projektbeteiligte aus den Bereichen Projektassistenz und Konstruktion/Zeichnung Fragen zum Einsatz des Tools. Diese Personengruppen kommen im Normalfall nicht auf die Baustelle, sondern bearbeiten ihre Aufgaben im Büro und haben daher die Webversion des Tools benutzt. Die Ergebnisse der Befragung (Abbildung 9) zeigen, dass das Tool selbst und der Umgang damit überwiegend gut und sehr gut bewertet wurden und die Arbeiten damit teils schneller geworden sind. Allerdings gaben die Befragten an, dass mit dem Planmanagementtool eine weitere Software dazukommt, die ein oder andere Tools nicht ersetzt und dadurch die Arbeit auf den ersten Blick komplizierter erscheint. Ebenso ist zu erkennen, dass die Einarbeitung in das Tool Zeit benötigt: Eine angesprochene Einweisung in das Tool könnte hier Abhilfe schaffen. Auch zeigt sich, dass die erforderliche Zeit für Abstimmungen, Rückfragen und Klärungen in Form von Telefonaten oder E-Mail-Beantwortung nicht unbedingt zurückgegangen ist.
Abbildung 9: Fragen zur Arbeit mit dem Tool
Wie sich die vor der Testphase formulierten Erwartungen an den Einsatz eines Planmanagementtools erfüllt haben zeigt Abbildung 10. Die Erwartungen wurden mehrheitlich erfüllt. Wie sich im Workshop mit den Nachunternehmern angedeutet hat, war die Motivation der Nachunternehmer zur Nutzung des Tools aber eher gering, womit man auch erklären könnte, dass die Erwartung der schnellen Kommunikation von Kundenwunschänderungen an die Beteiligten teilweise nicht erfüllt wurde. Auch die Verwendung einheitlicher Planstände lief noch nicht überzeugend. Die Auswertung zeigt, dass eine Baustelle immer noch nicht ganz ohne Papier auskommen wird.
Abbildung 10: Wurden die Erwartungen erfüllt?
Die Bau- und Projektleiter wurden zusätzlich gebeten, den Umgang mit dem Mobilgerät zu bewerten. Hier wurden Größe/Handlichkeit, Akkulaufzeit, Ladezeit, Empfindlichkeit gegenüber äußeren Einflüssen, das Eingabeverhalten (Finger, Stift und Tastatur) sowie die Lesbarkeit drinnen und draußen durchweg gut und sehr beurteilt.
Neben den beiden getesteten Softwarelösungen wurden weitere Apps verwendet, welche die Nutzer teilweise aus dem privaten Gebrauch kennen und eine weitere Unterstützung für die Arbeit in Projekten ermöglichen: Das betrifft Anwendungen/Apps für Aufgaben wie Protokollführung, Skizzen, Erstellen verschiedener Dokumentationen (Brandschutz, Schallschutz), Aufgabenverwaltung oder für den Zugriff auf unternehmensinterne Datenverzeichnisse. Diese Apps waren aber nur teilweise kostenlos. Hier zeigt sich ein weiteres Anwendungsgebiet für den Einsatz eines Mobilgeräts in der Projektabwicklung.
Fazit zur Softwareauswahl und Einsatz der Mobilgeräte
Die Testphase zeigte die Vorteile und Mehrwerte und die Bedenken und Herausforderungen des Einsatzes einer Planmanagementsoftware auf.
Mehrwerte für KLEUSBERG und die anderen Projektbeteiligten:
- aktueller Planstand immer zur Hand und auf einen Blick verfügbar
- Beweissicherheit beim Datenaustausch
- (Problem-)Lösungen können direkt vor Ort entwickelt werden, weil alle Informationen direkt zur Verfügung stehen
- Austausch anderer Dokumente, wie Protokolle oder Bautagesberichte
- weniger Laufwege und Suchvorgänge
- Die Verfügbarkeit der Informationen lässt eine bessere Kontrolle der Qualitäten auf der Baustelle zu.
- Durch die mobile Version/App können auch die Vorarbeiter, Bauleiter auf der Baustelle die Vorteile nutzen.
- ein weiterer Schritt zur „papierlosen Baustelle“, weil weniger geplottet wird
Bedenken zum Softwareeinsatz
- es werden neue Probleme/Baustellen mit der Einführung der Software geschaffen (durch steigendes Informationsangebot/mehr Informationsfülle für die Planungsbeteiligten; Überforderung der Nachunternehmer mit der Softwarebedienung und Informationsfülle)
- Nachunternehmer verlassen sich zu sehr auf die Bauleiter, denn: „Er hat ja das Softwaretool und die „vergessenen“ Zeichnungen eh dabei!“
- Akzeptanz und Mitarbeit der Nachunternehmer (Es ist sehr herausfordernd die Nachunternehmer zur Verwendung der Software zu „drängen“, wenn diese nicht vorher vertraglich vereinbart wurde.)
- Was ist, wenn Auftraggeber andere digitale Tools/Projekträume fordern? (KLEUSBERG als Auftragnehmer muss sich anpassen; welche Schnittstellen zwischen den Anwendungen gibt es?)
Aus der Testphase heraus wurde denn auch keines der beiden getesteten Tools zur unternehmensweiten Einführung empfohlen. Dies lag daran, dass eines der beiden Tools über keine (zum Testzeitpunkt) mobile App verfügte und somit für den gewünschten Einsatz auf dem Mobilgerät nur über einen Webzugang aufrufbar war. Der Aufwand zur Nutzung der Tools, z.B. der Sensibilisierung der Nutzer und Kontrolle der Aktualität der Daten, war höher als der Nutzen. (Bei kleineren Projekten könnte über den Einsatz von günstigeren Lösungen: wie beispielsweise Google Drive, Dropbox oder andere Apps nachgedacht werden.). Erst bei größeren Projekten, die einen hohen Planungsaufwand und viele externe Planungsbeteiligte aufweisen, ist eine Planmanagementsoftware empfehlenswert.
Aufgrund der vielfältigen Einsetzbarkeit des Mobilgerätes, auch ohne eine Planmanagementsoftware, wird eine Einführung dieser für alle Bau- und Projektleiter des Unternehmens aber empfohlen. Folgendes sollte dabei beachtet werden:
- Es besteht die Gefahr, dass das Mobilgerät nicht genutzt wird, weil es bisher ja auch ohne ging. Die Mitarbeiter müssen im Umgang geschult werden; Vorteile müssen benannt und den Mitarbeitern vor Augen geführt werden, damit der Anreiz am Umgang mit den Geräten geweckt wird.
- Es ist möglich, dass sich die Mitarbeiter zu sehr auf das Mobilgerät verlassen und Besprechungen/Begehungen nicht mehr ausreichend vorbereitet werden, denn theoretisch ist alles digital vorhanden.
Es bietet sich an, dass die Bau- und Projektleiter von ihren Erfahrungen aus der Testphase berichten und die Vorteile und Erkenntnisse darstellen. Außerdem können über diesen Weg auch bereits erstellte und verwendete digitale Vorlagen weiterverwendet werden.
Projektabschluss und Fazit aus Projektsicht
Gemeinsam mit dem Projektteam von KLEUSBERG haben die Projektbetreuer vom Mittelstand 4.0-Kompetenzzentrum während des Abschlusstreffens im einem Lessons Learned-Workshop und anhand verschiedener Fragestellungen eine Nachbetrachtung des Projektes durchgeführt. Die Ergebnisse werden nachfolgend zusammengefasst:
Was haben wir aus dem Projekt gelernt und was sollte man bei einem ähnlichen Projekt ggf. anders machen?
Die vorgelagerte Anbieterrecherche hat einen umfassenden Überblick über die Softwarelandschaft gegeben. Der Anforderungskatalog war das richtige Werkzeug und hilfreich für die Anbieter, obwohl sich nicht alle damit beschäftigt hatten. Die Anbieter sollten aufgefordert werden, sich auch bei der Präsentation an den Anforderungskatalog zu halten, um die Vergleichbarkeit zu vereinfachen. Die Online-Präsentation der Softwaretools hat gut funktioniert. Die Technik für die Präsentation sollte im Vorfeld festgelegt werden.
Die ausgewählten Testprojekte waren vom Umfang und Anzahl der Beteiligten her gut geeignet. Die Ausweitung der Begleitung auch auf die der Bauphase vorgelagerte Planungsphase wäre im Nachhinein sinnvoll gewesen. Eine vertragliche Einbindung der Nachunternehmer könnte zu einer besseren Mitwirkung führen.
Während der Testphase hat sich gezeigt, dass nicht alle internen Mitarbeiter, trotz gegebener Voraussetzungen (Mobilgerät und Software) motiviert waren, aktiv am Test teilzunehmen. Die Testphase sollte also noch aktiver begleitet werden und die eigenen sowie die externen Mitarbeiter besser im Umgang mit der Software geschult/eingewiesen bzw. auf die beabsichtigten Ziele und Mehrwerte hingewiesen werden sollen. Der regelmäßige Austausch mit den internen Beteiligten (Projektassistenz und Konstruktion) hat auch zwischen den beiden Testprojekten gut funktioniert.
Auch ist die Kommunikation des Projektvorhabens und der Ergebnisse über das Projektteam hinaus wichtig. So sollten die Stakeholder rechtzeitig identifiziert und abgeholt/eingebunden sein, aber auch unternehmensweit über das Projekt kommuniziert werden.
Wobei hat die Testphase im Anwendungsfall geholfen?
Es konnte ein guter Überblick über die am Markt verfügbaren Tools erlangt werden. Der Test in einem realen Anwendungsfall hilft, Stärken und Schwächen der Software besser aufzudecken und mit dem Anbieter zu diskutieren. Mitarbeiter werden nicht vor vollendete Tatsachen gestellt, sondern können sich aktiv in die Softwareauswahl einbringen. Im Fall einer unternehmensweiten Implementierung hilft die Testphase, die zu erwartenden Kosten zu kalkulieren und die Aufwände besser zu überschauen. Wenn ein Auftraggeber eine Planmanagementsoftware fordert, kann auf die Erfahrungen aus der Testphase zurückgriffen werden.
Hat uns das Projekt bei der Digitalisierung vorangebracht?
Das Projekt hat neben der Digitalisierung beim konkreten Anwendungsfall weitere Fragen im Digitalisierungsprozess angestoßen. Beispielsweise wird jetzt gefragt, in welchen anderen Unternehmensbereichen Digitalisierungsprozesse angestoßen wurden? Was kann man voneinander lernen? Welche lokalen Optimierungen und schnellen Verbesserungen gibt es? Können andere Bereiche mit meinen digitalen Daten überhaupt weiterarbeiten?