Der Bau und Liegenschaftsbetrieb NRW (BLB NRW) ist das Immobilienunternehmen Nordrhein-Westfalens. Er ist Eigentümer der meisten Grundstücke und Gebäude des Landes und bewirtschaftet, plant, baut und verwertet diese. Seit 2016 stellt sich der BLB NRW schrittweise auf Building Information Modelling (BIM) als modellbasierte, digitale und interdisziplinäre Arbeitsmethode um.
Ausgangslage
Vor der Einführung der BIM-Methode wurde die Planung in 2D oder 3D erstellt. Die Kommunikation fand zum überwiegenden Teil über Kollaborationsplattformen und per Mail statt. Gemeinsame Modelle, Teilmodelle oder Kollisionsüberprüfungen gab es nicht. Das führte zu unzureichender Kommunikation der Fachplaner untereinander und somit zu Planungsunstimmigkeiten in den jeweiligen Gewerken. Die Folge waren Bauzeitverzögerungen und zusätzliche Kosten. Damit stehen die öffentlichen Bauprojekte den privaten in nichts nach, jedoch müssen die öffentlichen Projekte sich für diese Störungen und Verzögerungen immer wieder kritisieren lassen.
Zielsetzung
Der BLB NRW hat die Vorteile von BIM für Auftraggeber früh erkannt. Das hauptsächliche Ziel bei der Einführung von BIM war die Verbesserung der Kommunikation zwischen den Projektbeteiligten und die Standardisierung des Ausschreibungsverfahrens durch BIM Modellrichtlinien. Planungsfehler sollen frühzeitig durch Kollisionsprüfungen erkannt werden und zu erhöhter Planungs- und Ausführungssicherheit führen. Ebenso können Planungsprozesse vereinfacht werden, um doppelte Arbeitsweisen zu vermeiden (s. Abbildung 1: BIM Ziele). Unter dem Titel ?Digitales Bauen mit BIM wird stufenweise zum Standard? erfolgt die Einführung in drei Phasen: In der ersten Phase wurden erste Little BIM Projekte durchgeführt. In der zweiten Phase folgten Open BIM Pilotprojekte, die zum jetzigen Zeitpunkt fast vollständig abgeschlossen sind. Heute befindet sich die BLB NRW in der dritten Phase, in der reine Open BIM Projekte als Standard durchgeführt werden.
Besonders wichtig war es dem BLB NRW, eine eigene BIM Qualitätsüberwachung einzusetzen, welche die Prozesse und die Umsetzung der BIM-Methodik im laufenden Projekt überwacht. Gleichzeitig fungiert diese aber auch als Ansprechpartner für externe Firmen bei Fragen zur BIM-Methodik.
BIM-Richtlinie
Um Anforderungen im Projekt klar zu definieren, hat der BLB NRW eine BIM-Richtlinie erstellt, die sogenannten Organisatorischen Informationsanforderungen (OIR). Diese definiert für die Anwendung und Umsetzung der BIM-Methode u.a. die notwendigen Anforderungen, Verantwortlichkeiten sowie Schnittstellen und dient den Auftragnehmern in der Planung und Ausführung als Lastenheft. Dazu gehören als Anlagen die Modellanforderungen, welche die Mindestanforderungen an die Modellqualitäten und -übergaben definieren. Zur Modellqualität gehört vor allem eine Informations-Parameterliste, welche die leistungsbezogenen Informationsanforderungen an Bauteile festlegt. Diese Dokumente gelten für jedes Projekt der BLB NRW.
Ergänzt werden diese Richtlinien durch die Auftraggeberinformationsanforderungen (AIA) und den BIM Abwicklungsplan (BAP), welche projektspezifisch sind und auf jedes Projekt individuell angepasst werden. Für die Bearbeitung des BAP hat der BLB NRW für die Auftragnehmer einen sogenannten ?pre-BAP? angefertigt. Dieses Dokument ist als Vorlage zu verstehen und enthält Hinweise und Vorgaben, die das Ausfüllen vereinfachen. Dieses Vorgehen führt dann sukzessive zu dem endgültigen BAP auf den sich die Beteiligten dann vertraglich verständigen.
Eine Übersicht über die Dokumente ist in Abbildung 2 zu finden. Die genannten Unterlagen sind frei zugänglich und können über die Webseite des BLB NRW hier eingesehen werden.
Projektspezifische Arbeitsweise zwischen BLB NRW und Auftragnehmern
Im Auftrag des BLB NRW wird für die Fachhochschule für Rechtspflege NRW (FHR) in Bad Münstereifel ein Seminar- und Unterkunftsgebäude für 60 Wohneinheiten errichtet, welches an die Mensa-Terrasse der Liegenschaft angebaut wird (Abbildung 3, 4 und 5: Seminar- und Unterkunftsgebäude). Für die Unterkünfte ist eine Holzmodulbauweise, für Laubengang und Treppenhäuser eine Stahlbauweise und für erdberührende Bauteile Stahlbetonbauweise mit Recyclinganteil (RC-Beton) vorgesehen. Besonders wichtig sind dem BLB NRW in diesem Projekt, dass alle Bereiche barrierefrei sind, nachhaltige Materialien verwendet werden und eine Verbrauchs- und Erzeugungsoptimierung des Liegenschaftsenergieverbrauches durchgeführt wird.
Den Zuschlag als Generalplaner hat hks | architekten GmbH Standort Aachen / Bonn erhalten. Sie decken die Fachplanungen Freianlagen, Tragwerksplanung, Technische Gebäudeausstattung, Bauphysik, Vermessung und Bodengutachten ab. hks | architekten hat bereits einige Erfahrungen mit BIM in der Zusammenarbeit mit einzelnen Fachplanern machen können. Besonders die Planung und Fertigung in der Holzmodulbauweise ist geprägt vom Einsatz digitaler modellbezogener Methoden, dies ist in der Branche bereits seit mehr als 20 Jahren Standard. Doch die Besonderheit bei diesem Projekt ist, dass alle Fachplanerleistungen mit der BIM Methode abgewickelt werden können.
Bei diesem und auch bei zukünftigen Projekten gilt, dass Unternehmen keine Erfahrungen in der Arbeitsweise mit BIM vorweisen müssen, um den Zuschlag für einen Auftrag beim BLB NRW zu erhalten. Wichtig ist lediglich, dass der Auftragnehmer bis zum Projektstart über eine CAD-Software verfügt, die min. für den Austausch der IFC-Schnittstelle 2x3 zertifiziert ist. Je nachdem wie viel Erfahrungen ein Unternehmen bisher schon mit der Arbeitsweise sammeln konnte, unterstützt die BIM-Qualitätsüberwachung des BLB als fester Ansprechpartner über das gesamte Projekt hinweg und steht für Rückfragen zu projektspezifischen BIM-Anforderungen zur Verfügung. Dem BLB NRW fällt immer wieder auf, dass viele Unternehmen in ihrer Arbeitsweise gar nicht weit von der BIM-Methode entfernt sind und wenig Hilfestellung reicht, um die Vorgaben der BIM-Richtlinie zu erfüllen. Das Land NRW hat es sich zum Ziel gesetzt, die BIM-Methodik zu fördern und will deshalb jegliche Hemmnisse von Auftragnehmern gegenüber der Arbeitsmethodik abbauen.
Kommunikation und Datenaustausch
Bei der Umsetzung der BIM-Methode fällt eine hohe Zahl von Informationen an, die zwischen den Projektbeteiligten koordiniert werden müssen. Damit die Durchgängigkeit dieser Informationen sichergestellt werden kann, ist strukturiertes Vorgehen und die Zusammenarbeit der Mitwirkenden notwendig. Auf Seite der Auftragnehmer sind für jede Fachdisziplin jeweils Ansprechpartner für die BIM-Themen der BIM-Qualitätsüberwachung und der BIM-Koordination zu benennen und im BIM-Abwicklungsplan zu dokumentieren. Die Rollen und Verantwortlichkeiten sind in Abbildung 6 dargestellt.
Der BLB NRW arbeitet stetig daran, seine Richtlinien sukzessiv durch Erfahrungen aus BIM-Projekten anzupassen und zu verbessern. Um dies zu gewährleisten, arbeitet der BLB in einem transparenten Prozess mit hks | architekten zusammen. Dabei haben sich für die Leistungsphase 2 die folgenden Punkte herauskristallisiert:
- Zusätzliche Erläuterungen zur BIM-Richtlinie in Bezug auf Ziele und Anwendungsfälle waren notwendig, da hks | architekten bisher keinerlei Erfahrungen mit der BIM-Richtlinie der BLB NRW hatte. Vieles wurde erst durch gemeinsame Absprachen und enger Zusammenarbeit zwischen der BIM-Qualitätsüberwachung des BLB NRW und hks | architekten klar.
- Die gesetzten Modellierungsanforderungen sind ausreichend beschreiben und gut umsetzbar. Die BIM-Methode hat die Planung in Leistungsphase 2 optimiert. Anhand des 3D Modells war eine genaue Ermittlung der Massen und Mengen aus den konstruierten Bauteilen für die Gebäudeplanung möglich.
- Alle Fachplaner haben in diesem Projekt zum ersten Mal zusammen an einem Modell mit openBIM gearbeitet. Daher sind einige Abstimmungen und Testläufe nötig gewesen. Der Projektablauf hat sich dementsprechend im Vergleich zu konventionellen Projekten durch die BIM-Methodik nicht verkürzt. hks | architekten ist sich aber sicher, dass es in Zukunft durch die BIM-Methode zu weniger Störungen und Behinderungen im Planungs- und Bauablauf kommen wird.
- Durchweg positiv wird die Nutzung von Kollaborationsplattformen für die Koordination bewertet. Mittels der 3D-basierten Darstellung der Planung und der Kollisionskontrolle konnten Unstimmigkeiten vorzeitig erkannt und behoben werden. Der Plan ist, zukünftig alle Besprechungen am Modell stattfinden zu lassen und Protokollpunkte und Unstimmigkeiten direkt darin zu verorten und Verantwortlichkeiten zuzuweisen.
hks | architekten betont dabei, dass die HOAI nicht mehr zur Wirklichkeit passt. Durch die BIM-Methode geht man in den frühen Leistungsphasen häufig schon tiefer ins Detail, als es eigentlich gefordert ist. Das stellt immer dann ein Problem dar, wenn Projekte frühzeitig wieder beendet werden müssen und der erhöhte Aufwand nicht vergütet wird. Der BLB NRW und hks | architekten haben deshalb vertragliche Vereinbarungen darüber getroffen, dass bestimmte Leistungen schon aus den späteren Phasen vorgezogen werden. Welche Leistungen tatsächlich in welcher Leistungsphase erbracht worden sind, werden die Beteiligten am Ende des Projektes gemeinsam auswerten, um Rückschlüsse für die zukünftigen Vergabeprozesse des BLB NRW daraus zu ziehen.
Fazit und Ausblick
Schon heute kann der BLB NRW Mehrwert aus der BIM-Methode ziehen. Die Detailtiefe in der Planung ist hoch, vieles aus der Ausführungsplanung wird zeitlich nach vorne gezogen und Kollisionen werden schon frühzeitig erkannt und vor der Ausführungsphase bearbeitet. Um alle heute bekannten Vorteile von BIM ausschöpfen zu können, müssen die Prozesse stetig optimiert werden.
In zukünftigen Projekten will der BLB NRW die BIM-Methodik schrittweise in weiteren Leistungsphasen anwenden. Er hat sich das Ziel gesetzt, das BIM-Modell ebenfalls im Gebäudebetrieb für das Facility Management nutzbar zu machen. Ein weiteres Ziel ist die Integration von Ökobilanzen und Betriebsaufwendungen, um die Nachhaltigkeit der Baubestände des BLB NRW holistisch abbilden zu können.